Fränkischer Albverein Schwabach e.V.

Es war eine Wanderung ein wenig anderer Art, diese Schwabacher Stadtführung mit Gerhard Ittner. Nicht Kilometer und Anstiege dominierten, sondern Informationen und geschichtliche Ereignisse. Ungewöhnlich war auch die Teilnehmerstruktur mit männlicher Dominanz. Ich kann mich nicht erinnern, wann unsere Frauen das letzte Malin der Minderheit waren. Allerdings spielte das Wetter nicht so richtig mit beim kulturhistorischen Ausflug durch unsere Heimatstadt. Regen und feuchter Schnee wechselten sich ab, zugegeben sehr gemäßigt, aber doch unangenehm.

Gestartet wurde im Schwabacher Zentrum am Rathaus, einem auffallend schönen Gebäude mit langer Geschichte. Es stammt bereits aus dem Jahre 1528/29. Das Rathaus mit den zwei vergoldeten Turmdächern bildet zusammen mit der Stadtkirche eine unverwechselbare Silhouette als Wahrzeichen der Stadt.

Die Schwabacher Geschichte beginnt bereits im 6.Jhd mit der Besiedlung der Gegend durch fränkische Siedler. Seit ca. 800 gibt es an der Stelle des heutigen Mönchshofes bereits einen fränkischen Königshof – eine Art wirtschaftliche Verwaltung des Ortes. Das alles erfuhren wir aus Gerhards sachkundigen Munde.

Aus dem Jahr 1117 ist eine erste urkundliche Erwähnung erhalten, darauf gründet sich auch das 900-jährige Jubiläum im Jahr 2017.

Neben dem alten Fachwerk fällt das Schwabacher Rathaus auch durch die vielen Wappen an der Fassade auf. Sie gehen auf die wechselnden Besitzverhältnisse der Stadt zurück.

Weiter folgten wir einer Route über den Königsplatz am Schönen Brunnen vorbei zur Schauwerkstatt der Goldschläger. Das Goldschläger-Handwerk prägt wie kein anderes die Geschichte und Bekanntheit der Stadt – noch heute. Über die Jahrhunderte wurde in unzähligen kleinen Familienbetreiben Gold in hauchdünne Folien geschlagen und in die ganze Welt verkauft. Wir konnten uns davon überzeugen, daß das Schlagen mit schweren Hämmern eine äußerst anstrengende Tätigkeit ist.

Gleich neben der Werkstatt fällt ein großes goldenes Ei ins Auge. Ihm gegenüber eine kleine Henne. Diese Denkmalskomposition stammt von der Schwabacher Kunst-Biennale „Ortung“ und thematisiert den philosophischen Streit zwischen Henne und Ei: was war wohl früher da ?

Seit Mitte des 14 Jhd. gibt es in Schwabach ein Spital, einer Art Altersruhesitz für Bürger, die es sich leisten konnten. Es wurde als Stiftung des reichen Nürnberger Handwerker-Ehepaares Glockengießer errichtet und befand sich am Ufer des Flüßchens Schwabach. 1404 wurde das Spital durch eine Kirche erweitert, geweiht den Schutzheiligen St. Antonius und St. Elisabeth. Diese Komposition aus ehemaligem Spital, Kirche und Brücke über die Schwabach ist auch heute noch ein beliebtes Ziel für die Schwabacher und Gäste. Befindet sich doch an der Spitalkirche auch ein Zeugnis der verheerenden Kraft des Wassers, als Schwabach im Jahr 1732 von einer Flut heimgesucht wurde.

Das Wetter zeigte wenig Barmherzigkeit und zwang uns auf den Rückweg. Am Gasthaus „Stern“ schützten wir uns unter großen Schirmen vor der Feuchtigkeit, lauschten aber weiter den Geschichten des Stadtführers Gerhard.

In diesem ehemaligen Schwabacher Gasthof „Zum Goldenen Stern“ wurde nämlich 1529

die „Schwabacher Artikel“ beraten, eine der Grundlagen der Augsburger Konfession und des sich ausbreitenden Protestantismus.

Vom „Stern“ schaut man direkt auf die Fürstenherberge – ein imposantes Gebäude auf der Seite gegenüber des Königsplatzes. Hier bzw. in den Vorgängerbauten residierten zwar nie Fürsten, aber illustre Gäste logierten hier trotzdem wie die Markgrafen von Ansbach, und auch Gustav Adolf König von Schweden und der Feldherr Wallenstein in den Wirren des 30-jährigen Krieges. Teils waren die Übernachtungen auch nicht freiwillig, wie die des Kurfürsten von Sachsen und eines Landgrafen von Hessen als vorübergehende Gefangene des Kaisers. Das heutige Gebäude stammt aus dem frühen 18Jhd. und hat innen aufwändige Stuckdecken. Im Hof der Fürstenherberge befinden sich ehemalige Pferdestallungen.

Vom „Stern“ schaut man auch auf die Stadtkirche hinter dem Rathaus, dem prächtigen Abschluß unserer Stadtwanderung.

Die gotische Stadtkirche St. Johannes und St. Martin wurde 1495 eingeweiht. Sie stand also schon, als das Rathaus gebaut wurde. Zentraler Blickpunkt ist ein prächtiger Hochaltar aus der Werkstatt des Nürnberger Meisters Wohlgemuth, bei dem auch der berühmte Holzschnitzer Veit Stoß gearbeitet hat. Der Altar gewährt der heiligen Anna ungewöhnlich viel Aufmerksamkeit. Anna wird in alten apokryphen Schriften als Mutter Marias und damit als Großmutter Jesu Christi angesehen. In den Evangelien wird sie jedoch nicht erwähnt. Manchmal hört man auch den Namen Anna Selbdritt. Das ist aber nicht ihr Nachname, sondern ein altes Wort mit dem Sinn „als Teil einer Dreiergruppe“ – eben Anna mit Tochter Maria und dem Jesuskind.

Durchgefroren und mit guter Laune flüchteten wir sobald – nein nicht zur Fürstenherberge – sondern zum „Prinzen“. Eine Einkehr hatten wir uns nach gut 1 km Bewegung nicht wirklich erarbeitet, aber wenn man Hin- und Rückweg zum Treffpunkt addiert, kommt doch eine kurze Wanderung heraus.

Vielen Dank Gerhard !

Text: Henry Siggelkow    Bilder: Roland Rikirsch und Henry Siggelkow

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