Bemerkenswerte Kunst in den Wäldern rund um den Hochberg

Donnerstag 05.05.2022
Wanderführerin: Lisa Rikirsch, 13,5 km



Vom Bahnhof in Hartmannshof auf den Hochberg bei Mittelburg hinauf, das ist die heutige Vorgabe, um der Kunst des Stallbaumer Ergotherapeuten und Schreiners unsere Aufwartung zu machen. Für uns bedeutet dies kontinuierlich 245 Höhenmeter aufsteigen und vom Hochberggipfel mit 619 m die gleiche Höhe wieder zum Bahnhof hinunter.
Nur wenige Meter vom Bahnhof entfernt, an der Friedenskirche, erwarten uns die ersten beiden Arbeiten von Thomas Ertel. Zwei stattliche Ahornbäume vor der Kirche mussten aus Sicherheitsgründen entfernt werden. Thomas Ertel erledigte diese Arbeit ehrenamtlich zusammen mit seinem Bruder Jürgen. Aus den beiden etwas höher abgesägten Stümpfen arbeitete Thomas anschließend mit seiner Motorsäge einen Stuhl und eine aufgeschlagene Bibel heraus, quasi noch mit dem Boden verwachsen. Da die beiden Stümpfe später doch noch von ihrem Standort weichen mussten wurden die Kunstwerke einfach vom Stumpf getrennt und stehen heute etwas versetzt in der kleinen Wiese vor dem Aufgang zur Kirche.
Von hier führen uns Stufen hinauf zum Kirchenweg und zur Guntersriether Straße, wo sich die alten, teilweise mehrstöckig angeordneten Felsenkeller befinden. Sie wurden aus dem Dogger-Sandstein herausgehauen und sind heute historische Zeugen der Kulturlandschaft.
Vorbei am Friedhof führt uns der alte Stallbaumer Weg hinauf nach Stallbaum, dem Heimatort unseres Künstlers. Auf dem Weg hinüber nach Arzlohe passieren wir die ehemalige „Wanderer Hütte“ und umrunden dabei den Stallbaumer Berg. Etwas unvermittelt finden wir hier eine wohl in einem Baumstumpf steckende Axt eines Holzfällers. Er scheint sie nach der Arbeit vergessen zu haben. Bei näherer Betrachtung stellt sich allerdings heraus, dass auch der normalerweise eiserne Axtkopf aus Holz ist und eine Einheit mit dem Baumstumpf bildet. Ein äußerst filigranes Werk unseres Holzkünstlers.





Nach Arzlohe ist es nun nicht mehr weit und im Gasthaus „Waldesruh“ werden wir von Frau Steger, der Wirtin und ihrem Mann, schon erwartet. Sie haben heute wieder einmal extra für uns geöffnet. Bratwürste und die köstlichen Rouladen lassen, wie erwartet, keine kulinarischen Wünsche offen. Den vorhergesagten Regenschauer während der Mittagszeit sitzen wir praktischerweise auch gleich mit aus.
Beim Verlassen von Arzlohe lacht uns noch ein aufrecht auf einem Holzklotz stehendes Ferkelchen von stattlicher Größe über einen Zaun an. Eine Auftragsarbeit unseres Künstlers.
Den Besuch der Kapellenruine nutzt unsere Wanderführerin in ihrer Doppelfunktion als Kulturwartin für den Vortrag einer besinnlichen Erzählung von Astrid Lindgreen über den Frieden. Der hier stehende Glockenturm, in dem nur während der seltenen Gottesdienste eine Glocke hängt, ist wiederum ein Gemeinschaftswerk unseres Künstlers, zusammen mit seinem Bruder. Die Glocke wird aus Sicherheitsgründen anderweitig aufbewahrt.
Am Fuße des „Dom“ entlang gelangen wir, an der Johannesburg vorbei, hinüber zum Hochberg. Den Aufstieg zum höchsten Punkt unserer heutigen Wanderung gehen wir moderat über die Südseite an. Sind wir doch alle nicht mehr die Jüngsten und so mancher kämpft noch mit der ausreichenden Sauerstoffversorgung seines Bewegungsapparates als Folge der scheinbar überwundenen Coronazeit. Die letzten zehn Meter sind die steilsten. Sie eröffnen jedoch, geradezu wie eine Fatamorgana, unvermittelt den Blick auf ein Paar knallrote Highheels, auf einem Podest, mitten im Buchenwald stehend. Es sind die „Hochberg Schuhe“, ein groteskes Mahnmal für Wanderer, welche mit unzureichendem Schuhwerk die hiesigen Wälder durchstreifen.
Für uns geht es von nun an nur noch bergab. Vorbei an einer stattlichen, privaten Hütte mitten im Wald gelangen wir hinunter nach Mittelburg. Gleich am Zaun des ersten Hauses biegen wir mit Rotpunkt links in den alten Schulweg ein. Aus dieser Richtung kommend bedarf es schon etwas Aufmerksamkeit, um die im blaugepunkteten Ballkleid auf einem Stuhl sitzende „Barbie“ zu entdecken. „DU BIST TOLL“ hat ein wohl heimlicher Verehrer auf einen kleinen Stein geschrieben und ihr zu Füßen gelegt. Wir hatten ihr im Winter schon einmal das Gesicht vom tiefen Schnee befreit, damit auch sie uns sehen konnte.
Steinmännchen in allen Größen säumen nun unseren Weg, der uns hinab bis an den Waldrand führt. Dem alten Schulweg zu Ehren posiert hier ein weiteres Highlight auf seinem Podest: Die Büchertasche. Ein Werk, mit dem auch das regionale Fernsehen auf unseren Künstler aufmerksam geworden war. „Mir gefällt sie“ hat er gesagt, als er das fertige Produkt für sich betrachtet hat. Dem können wir nur beipflichten. Man ist versucht, sie am Griff zu packen und mitzunehmen. Zum Glück steht sie felsenfest, wie angewachsen an ihrem Standort.
Wir steigen weiter über eine Wiese ab, machen einen kleinen Schwenk vom markierten Rotpunkt nach Osten und tauchen in die Frühphase des Schaffens unseres Künstlers ein.
Eine überdimensionierte Glühbirne, welch praktischer Gegenstand. Wenn man genau durch die Glühfäden schaut könnte man meinen, sie brennt wirklich. Etwas unterhalb entdecken wir noch zwei Ferkelstudien. Eine aufrecht, die andere auf dem Kopf, bzw. Rüssel stehend. Vom Meister grob aus den Stämmen gefräst, um wohl ein Gefühl für die Dimensionen zu bekommen. Das Ergebnis der Studien lachte uns sicher vom Zaun in Arzlohe entgegen.
Zügig gelangen wir nun hinunter zu den ersten Häusern von Hartmannshof. Vom Bahnhof sehen wir von hier aus unsere S-Bahn ausfahren. Das gibt uns die Zeit, in der Kneipe am Bahnhof noch in aller Ruhe ein kühles Bier zu trinken und die ganze Kunst des Tages noch einmal Revue passieren zu lassen.





Text und Bilder: Roland Rikirsch

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
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